Wohnkostenlücke im SGB II (Quelle Harald Thomé)
Caren Lay, mietenpolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag fragte die Bundesregierung (Drs. 20/11102, Fragen 64f, S. 43-44, hier: https://dserver.bundestag.de/btd/20/111/2011102.pdf oder https://t1p.de/q0hdl) nach der Wohnkostenlücke des Bürgergeldes im Jahr 2023.
Die Wohnkostenlücke beziffert den Unterschied zwischen den tatsächlichen Kosten der Wohnung und dem, was das Jobcenter real dafür erstattet („angemessene Bedarfe für Unterkunft und Heizung“). Ergebnis: Im Jahresdurchschnitt 2023 bekamen rund 325.000 Bedarfsgemeinschaften im SGB II (rd. 11 % aller Bedarfsgemeinschaften) nicht die vollen Kosten der Unterkunft erstattet. Die durchschnittliche Differenz betrug 107 Euro pro Monat und betroffenem Haushalt. Caren Lay fragte zudem spezifische Daten für acht Städte ab. Am häufigsten beschwert waren dabei Betroffene aus Freiburg und Frankfurt/Main, am höchsten (338 Euro/Monat) war sie in Stuttgart.
Im Jahr 2022 betraf die Wohnkostenlücke rund 13 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften, sie belief sich auf 382 Millionen Euro, der durchschnittliche nicht übernommene Betrag war 94 Euro, im Monat.
Kurzbewertung: Diese neuen Zahlen machen deutlich, dass die Wohnkostenlücke also die nicht von der Behörde übernommenen Beträge, trotz der Karenzzeit drastisch gestiegen ist. Diese Fehlbeträge müssen in den meisten Fällen wahrscheinlich aus dem Regelsatz bestritten werden. Diese zusätzlichen Kosten drücken die betroffenen Menschen weit unter das Existenzminimum.
Im Jahr 2024 ist wieder mit einem erheblichen Anstieg der nicht durch die Jobcenter berücksichtigten Beträge zu rechnen. Das bedeutet, das Thema Wohnkosten muss in den Blick der Öffentlichkeit und in den Blick des Gesetzgebers kommen.
Mehr Informationen im Newsletter 17/2024 von Harald Thomé, abonierbar auf seiner Website: https://www.harald-thome.de/start.html
Ernährungsarmut im Bürgergeld: Ist das Bürgergeld verfassungswidrig, weil es keine gesunde Ernährung ermöglicht?
In einem Artikel im verfassungsblog (https://verfassungsblog.de/ernahrung-am-existenzminimum/) wird die Frage gestellt, ob das Bürgergeld verfassungswidrig ist, weil es keine gesunde Ernährung ermöglicht, ernährungswissenschaftliche Befunde, die erst nach der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entstanden sind, sprechen dafür.
Unter anderem der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fordert: „Ein […] Bürgergeld muss […] ausreichend sein, um materielle und soziale Ernährungsarmut zu vermeiden. Die aktuellen […] Beträge entsprechen allerdings nicht diesem Anspruch“ (ebd., I). Basierend auf diesen Befunden sieht ein aktuelles Rechtsgutachten in der Höhe des Existenzminimums eine Verletzung des Menschenrechts auf angemessene Ernährung aus Art. 11 des UN-Sozialpakts.
Mehr dazu im verfassungsblog unter: https://verfassungsblog.de/ernahrung-am-existenzminimum/